HNA-Artikel vom 28.11.2022
28/11/2022Foto: HNA, Tanja Temme
Im Sexualkundeunterricht vor eineinhalb Jahren kam alles ins Rollen. Damals ging es unter anderem um Homo- und Transsexualität – Themen, die laut Schülern zu wenig Beachtung an ihrer Einrichtung fänden. Die stellvertretende Schulleiterin Stefanie Löffler griff diese Kritik auf, rief daraufhin eine LGBTQ-AG an der Gesamtschule Fuldatal ins Leben. Seit dem vergangenen Schuljahr beschäftigt sich nun eine kleine Gruppe von jungen Menschen mit gleichgeschlechtlicher Liebe, Bisexualität und Transgender, eben allem, was zum Queeren-Kosmos gehört.
Ein halbes Dutzend Schüler kommen alle zwei Wochen in der AG zusammen. „In erster Linie bieten wir hier eine Möglichkeit, miteinander ins Gespräch zu kommen“, erklärt Löffler. Jeder könne hier von seinen Erfahrungen und Problemen berichten. Und natürlich geben sich die Schüler auch Tipps und Hilfestellung beim Bewältigen von Schwierigkeiten.
Zur „Regenbogen-Community“ gehört auch Alina Ritter: „Ich bin bi“, sagt die 16-Jährige selbstbewusst. Ihr sei das Angebot wichtig, weil sie wisse, dass es auch an ihrer Schule Diskriminierung gegenüber Schülern gebe, die „anders orientiert“ seien. Besonders vorurteilsbehaftet seien oft die Jüngeren an ihrer Einrichtung, wo auch gerne mal Worte wie „schwul“ oder „Tunte“ als Beleidigung genutzt würden. Laut der Zehntklässlerin habe es auch schon Mobbing und leichte Gewalt gegen „queere“ Mitschüler gegeben. Das spiegelt sich auch am Schaukasten der LGBTQ- AG wider, der erst kürzlich vollgespuckt wurde.
Auch der zwölfjährige Nikolas Haberland kommt regelmäßig zur Zusammenkunft: „Seit meinem achten Lebensjahr weiß ich, dass ich ein Junge bin“, berichtet der Schüler, der körperlich gesehen noch ein Mädchen ist. Wie er sein „Coming out“ bekannt geben könnte, besprach er beispielsweise vorab in der AG. „Ich hatte dabei als Verstärkung die Schulsozialarbeiterin an meiner Seite, was ein guter Rat war“, erzählt er. Weder mit seinen Eltern, noch mit seinen Mitschülern hat der Transsexuelle nach seinem Outing Probleme. Und weil er sich sehr sicher ist, dass er kein Mädchen sein will, wird er kommendes Jahr auch mit einer Hormontherapie beginnen, wie er zuversichtlich preisgibt.
Lehrerin Löffler, die selbst in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung lebt, findet es „enorm mutig“ sich an einer LGBTQ-AG zu beteiligen. „Auch wenn sich viele nicht trauen, zu uns zu kommen, so ist es wichtig, dass sie wissen, dass es uns gibt.“ Eigentlich alles, was die Schüler bewegt, kommt bei ihren Treffen zur Sprache: „Wir haben beispielsweise auch besprochen, wie man sich in der Schule outet“, so Alina Ritter. Neben den Zusammenkünften bieten Gruppenmitglieder für Gleichgesinnte dreimal pro Woche eine Sprechstunde an.